DINAcon 2025: Souveränität braucht Zusammenarbeit, Mut und echte Offenheit

Die DINAcon 2025 fand am Dienstag, dem 18. November im Kongresszentrum Kreuz in Bern statt und VSHN war mittendrin. Tobias Brunner war als Panelist eingeladen, gemeinsam mit Henry Poole, Nina Müller von Nextcloud und Rahel Estermann über digitale Souveränität zu diskutieren. Das Thema war klar: Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch längst nicht am Ziel.
Und die Stimmung? Eine Mischung aus Neugier, Realismus und Aufbruch.
AI ist überall. Souverän ist sie noch nicht.
Ein übergreifendes Thema der Konferenz war Artificial Intelligence. Fast jede Session, jeder Austausch und viele Pausengespräche drehten sich darum. Die Erkenntnis: AI ist längst Realität, aber noch nicht souverän.
Ein Highlight war die Demo von MeLODy – Der intelligente Linked Open Data Chatbot , entwickelt für die Verwaltung der Stadt Zürich und des Kantons St. Gallen. Hier wird AI nicht nur theoretisch diskutiert, sondern bereits eingesetzt. Das macht Mut und zeigt: Wir bewegen uns nicht nur in Visionen, sondern in konkreten Anwendungen.
Die Schweiz hat starke Voraussetzungen: Gesetze, Infrastruktur, Community
Es gibt aber auch gute Nachrichten. Tobias betonte auf dem Panel, dass wir in der Schweiz wichtige Bausteine bereits gelegt haben.
- EMBAG schafft klare gesetzliche Grundlagen für Open Source in der Verwaltung
- GPU Kapazitäten für souveräne AI sind verfügbar, zum Beispiel bei Stepping Stone, und auch Anbieter wie Exoscale und Cloudscale bieten AI Compute an
- Mit Apertus, dem Schweizer LLM, entsteht ein lokales Modell. Es ist noch nicht fertig und auch nicht auf dem Niveau der grossen Foundation Modelle. Aber es ist ein Anfang, öffentlich testbar unter Public AI Inference Utility
Wir haben also die Basis. Jetzt müssen wir gemeinsam darauf aufbauen.
Ökosysteme entstehen. Unternehmen investieren.
Spannend war auch zu sehen, wie viel Bewegung es aktuell im europäischen Tech Umfeld gibt.
- Die Heinlein Group investiert stark in Open Cloud, einem Fork von ownCloud und direkten Wettbewerber zu Nextcloud, und baut ihre Präsenz mit einer neuen Niederlassung in der Schweiz weiter aus
- Open Source Kultur zeigte sich nicht nur in Technologie, sondern auch kreativ. Es gab sogar Open Source Musik: Music Album Open Up | Open Source | MD Systems GmbH
Solche Entwicklungen zeigen, dass Open Source längst kein Nice-to-have mehr ist, sondern Standortfaktor.
Panel Insights von Tobias Brunner
Im Panel ging Tobias konkret auf drei Fragen ein.
Was war der schlechteste Einsatz des Begriffs digitale Souveränität?
Tobias begann mit einer klaren Definition von Souveränität, die er in drei Säulen fasst:
- Vertraulichkeit: Wer hat Zugang zu meinen Daten und unter welcher Rechtsordnung?
- Verfügbarkeit: Habe ich jederzeit Zugriff oder existiert irgendwo ein technischer oder juristischer Kill Switch?
- Kontrolle: Bin ich frei, meine Daten mitzunehmen oder bin ich in proprietären Lizenzmodellen, APIs oder undurchsichtigen Betriebsmodellen gefangen?
Viele Anbieter erfüllen heute nur eine oder zwei dieser Säulen, nennen ihre Lösung aber souverän. Leider gibt es heute bereits viele solcher Angebote und es gibt auch bereits einen Begriff dafür: Sovereignty Washing.
Ein Beispiel, das er nannte: Ein Anbieter betreibt Infrastruktur in einem Schweizer Rechenzentrum und wirbt mit Schweizer Standort und Datenportabilität. Trotzdem unterliegt er einem ausländischen Rechtssystem mit extraterritorialem Zugriff. Ergebnis: Die Oberfläche wirkt souverän, der Unterbau ist es nicht. Genau diese Grauzonen machen souveräne digitale Entscheidungen für Organisationen heute schwierig.
Wie kann die Schweiz souverän Teil globaler Softwarelieferketten werden?
Seine Antwort war klar: Nicht indem wir alles alleine machen, sondern indem wir zusammenarbeiten. Tobias betonte, dass die Schweiz historisch immer Wege gefunden hat, Teil globaler Wertschöpfung zu sein, auch wenn die Produktion physisch woanders stattfindet. Für Software gelte das Gleiche. Voraussetzung seien drei Dinge:
- Offene Standards statt proprietäre Protokolle
- Open Source Software als gemeinsamer Nenner
- Gemeinsame Ökosysteme und eine Zusammenarbeit zwischen Cloud Providern, Entwicklern und Betreibern
Hyperscaler predigten seit Jahren, dass Daten zu ihnen gebracht werden müssen. Dies hat heute zu einer gefährlichen Zentralisierung und Ansammlung von Macht geführt. Tobias stellt diese Logik auf den Kopf: Warum nicht die Services zu den Daten bringen?
Diese Überlegung war die Initialzündung für Servala – The Sovereign App Store. Eine offene Plattform, die Cloud Service Provider, Softwareanbieter und Enterprise Clouds vernetzt und dem Kunden echte Wahlfreiheit gibt.
Zum Schluss wurden die Panelisten gefragt, was sie als Handlungsaufforderung an Organisationen und öffentliche Verwaltung formulieren würden.
Tobias schloss mit einem einfachen, aber klaren Appell:
Versteh den Wert souveräner Software Services für dein Geschäft und fang an, sie zu nutzen. Es ist nie zu spät, souverän zu werden.
Fazit
Die DINAcon 2025 hat gezeigt: Wir haben die Kompetenzen, die Community, die Infrastruktur und die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Aber wir brauchen mehr Mut und mehr Kooperation, um echte digitale Souveränität zu erreichen.
Nicht nur Marketingworte. Nicht nur Buzzwords. Sondern echte Kontrolle über Daten, Infrastruktur und Wertschöpfung.
Wir bei VSHN bleiben dran. Und wir freuen uns darauf, diese souveräne Zukunft gemeinsam zu bauen.
Wenn du mit uns weiter diskutieren möchtest oder Fragen hast, melde dich gerne! – wir freuen uns auf dich!